Sömmerda/ Thür.

Auszüge aus einer Chronik, die es noch nicht gibt

2.  Funde und Zeugnisse aus der Urgeschichte

Wissenschaftliche Ausgrabungen belegen, daß Sömmerda in einem Gebiet liegt, in dem sich menschliche Besiedlung schon für das frühe Eiszeitalter nachweisen läßt. Die Funde von Bilzingsleben weisen den Aufenthaltsplatz einer Gruppe von Urmenschen (Homo erectus), die vor 300 000 bis 350 000 Jahren am Nordrand des Thüringer Beckens lebten, aus. Die Urmenschengruppe hielt sich an diesem Lagerplatz nicht nur kurzzeitig zur Wasseraufnahme oder zu Tätigkeiten, die mit dem Wasser verbunden waren, auf, sondern längere Zeit und offenbar in sich wiederholenden Zeitabständen.

Der heutige Landkreis Sömmerda, im Thüringer Becken gelegen, war ein bevorzugtes Siedlungsgebiet. Das Unstruttal, die leichten Höhen im westlichen Teil des Territoriums, waren Siedlungs- und Kristallisationspunkte, Verkehrs- und Durchgangsgebiete in allen Zeiten.

Die Spuren der Jahrtausende währenden Besiedlung haben sich in reicher Zahl im Boden erhalten. Fragt man nach den allerersten Anfängen einer Besiedlung auf unserem heutigen Stadtgebiet, muß man aufgrund vorliegender Funde rund 7000 Jahre, bis zum Zeitabschnitt der Jungsteinzeit, zurückblicken. Das topografische Profil entsprach in etwa unseren heutigen Gegebenheiten. Die Unstrut, als Hauptgewässer in der Auenlandschaft, bot für eine Ansiedlung günstige Voraussetzungen. Die Lößböden, die im Territorium reichlich vorkommen, waren mit lockeren Eichenwäldern bedeckt. Sie wurden für einen Wohnsitz bevorzugt. Von der Altsteinzeit und der mittleren Steinzeit sind nachweisbar Spuren durch Funde in Form von Steingeräten und Knochengegenständen für die Jagd und die Bewältigung des Lebens vorhanden.

Zahlreich sind die Nachweise an Hand von Siedlungsstellen und Gräbern für die Jungsteinzeit vor 4000 bis 7000 Jahren. Die Jungsteinzeitleute waren die ersten Ackerbauern und Tierzüchter in Mitteleuropa, die auch in unserem Gebiet in mehreren Entwicklungsetappen siedelten. Sie kannten das Brennen von Tongefäßen.

Neben Stein- und Knochenwerkzeugen sind die Machart und ihre charakteristischen Verzierung der Keramiksachen für den Nachweis von außerordentlicher Bedeutung. Die Funde aus der Jungsteinzeit zeugen von einer relativ hohen Siedlungsdichte, von den Bandkeramikkulturen bis zur Schnurkeramik- und Glockenbecherkultur. Anhand von Bodenfunden läßt sich nachweisen, daß Leute der Bandkeramikkulturen an einem alten Unstrutufer im heutigen Stadtgebiet lebten. Die Kette der Fundstellen und Einzelfunde mit Hinterlassenschaften aus der Jungsteinzeit zieht sich von der Neutorstraße, Werrchenstraße, Thälmannstraße, Marktplatz, Weißenseer Straße bis zur Uhlandstraße, über das neue Gewerbegebiet in Richtung Wenigensömmern und Leubingen hin. Es ist eine leichte Talkante der alten Unstrut, deren Verlauf gegenüber heute etwas versetzt war.

Um die Jahre 2000 bis 1800 vor der Zeitenwende fand die Verwendung von Metallen Eingang in die Arbeits- und Lebenswelt unserer Vorfahren in Mitteleuropa. Im zeitlichen Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit lebten Menschen in unserem Raum, deren Lebensniveau, gesellschaftliche Hierarchie und Entwicklungsstand schon relativ hoch waren. Sie erhielten von den Archäologen den Namen "Aunjetitzer Kultur" nach dem ersten Fundort "Unjetice" in Böhmen. In Deutschland wurde auch der Begriff "Leubinger Kultur" verwendet. Anlaß für diese Bezeichnung war die Untersuchung eines großen Grabhügels in der Gemarkung Leubingen durch den Altertumsforscher Prof. Klopfleisch aus Jena im Jahre 1877.

Das Fürstengrab zu Leubingen gab mit seiner Größe und Bauweise, seinem Goldschmuck und den anderen Grabbeigaben einen Einblick in die Blüte der Kultur der Bronzezeit. Die Ansiedlung der "Aunjetitzer"-Leute läßt sich in den Fluren der Orte Sömmerda, Tunzenhausen, Großbrembach und in einigen anderen nachweisen.

Die Römische Kaiserzeit, die von den Archäologen für die Zeitenwende bis ca. 350 nach der Zeitenwende datiert wird, ist die Siedlungsphase der Germanen in unserem Gebiet. Durch zahlreiche Gefäßscherben aus der späten La-Tene-Zeit bzw. frühen römischen Kaiserzeit wird bestätigt, daß um die Zeitenwende germanische Stämme hier ansässig waren. Funde für diesen Zeitraum liegen vom Anger und der Langen Straße vor. Daß die ansässigen Germanen mit den Römern Handel betrieben, belegen Funde römischer Münzen und Scherben römischer Gefäße (Terra sigillata) in unserem Kreisgebiet.


Top Start Mail Homepage